Der Neckarauer Dreiklang

Neckarauer Dreiklang – das bedeutet eine enge Vernetzung und Kooperation zwischen der Matthäusgemeinde Neckarau, dem Johann-Sebastian-Bach-Gymnasium (Bach) – einem Gymnasium der Schulstiftung der Evangelischen Landeskirche Baden – und der Gemeindediakonie Mannheim.

Seinen Ausdruck findet der Neckarauer Dreiklang im Zusammenwirken und in zahlreichen gemeinsamen Aktivitäten. Dabei verbinden vielfältige Beziehungen die Matthäusgemeinde, die diakonische Arbeit der Gemeindediakonie und das Bach-Gymnasium miteinander.

Seit 65 Jahren etwas
Besonderes.

Lange Tradition des Zusammenwirkens

Diakonisches Handeln hat in allen drei Einrichtungen eine lange Tradition, die bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts zurückreicht. Inmitten der Gemeinde wurden nach dem Zweiten Weltkrieg, als Antwort auf konkrete Notlagen, Einrichtungen der Jugend-, Alten- und Behindertenhilfe von Pfarrer Erich Kühn aufgebaut.

Über Jahrzehnte ist so eine umfangreiche Anzahl von Einrichtungen und Diensten entstanden, in denen zahlreiche Mitarbeitende täglich für menschliche und fachgerechte Förderung sowie Pflege und Begleitung sorgen. Menschen mit Behinderung nehmen ganz selbstverständlich am Leben in der Gemeinde und in Neckarau teil und gestalten es auf ihre Weise mit.

Die bereits damals enge Verflechtung von Gemeinde, Schule und Diakonie war vor 65 Jahren etwas Besonderes und ist es bis heute geblieben.

Das Umfeld der meisten Menschen hat sich dahingehend verändert, dass Erfahrungen mit Tod, Alter, Krankheit, Armut und Behinderung nicht mehr wie früher selbstverständlich zur Alltagswirklichkeit der Schüler*innen gehören. Durch das Zusammenwirken mit der Gemeindediakonie Mannheim und der Matthäusgemeinde lernen die Schüler*innen des Bach ihnen oft fremde und unvertraute Bereiche unserer Lebenswirklichkeit kennen und erfahren konkret, was es heißt, jedes menschliche Leben in all seinen Möglichkeiten und auch in seinen Verletzungen als Ebenbild Gottes zu respektieren.

Gelebte Inklusion im Neckarauer Dreiklang

Dabei spielt das Thema „Inklusion“, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, in vielen Bereichen der drei Einrichtungen des Neckarauer Dreiklangs eine beachtliche Rolle.

Die 8. Klassen lernen gruppenweise in einem mehrwöchigen Blockunterricht eine der Einrichtungen der Gemeindediakonie Mannheim näher kennen. Dazu gehört auch die Begegnung mit oft mehrfach behinderten Kindern beim gemeinsamen Essen, bei Spiel und Sport. Ab Klasse 8 besteht individuell die Möglichkeit, sich im „Neckarauer Halbjahr“ ehrenamtlich jeweils zwei Stunden pro Woche diakonisch zu engagieren.

Zum Angebot des Gymnasiums gehören außerdem Seminarkurse zu ethischen Fragestellungen und das Wahlfach Diakonie in der Kursstufe, in dem die Schüler*innen theologische, philosophische und soziologische Grundfragen und Theorien des Zusammenlebens von Menschen in unserer Gesellschaft kennenlernen und ihre eigenen Erfahrungen reflektieren.

Die Schüler*innen der 09./10. Klasse absolvieren ein 2-wöchiges Sozialpraktikum in den benachbarten Wohnhäusern, in einer der Werkstätten für Menschen mit Behinderung oder in einem der Tagesförderzentren.

Diakoniepraktikum der Konfirmanden schafft Nähe und Reflexion

Im Konfirmandenunterricht der Matthäusgemeinde kommen die Jugendlichen in direkten Kontakt mit den Menschen, die in den Einrichtungen der Gemeindediakonie leben und arbeiten. Dadurch wird bei den Konfirmandinnen und Konfirmanden ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass Menschen mit Behinderungen als Geschöpfe Gottes die gleiche Würde besitzen wie so genannte nicht behinderte Menschen. Das Diakoniepraktikum wird an einem „Diakonietag“ reflektiert. Die Konfis stellen die Ergebnisse in einem von ihnen gestalteten Gottesdienst vor.

Glauben erleben in inklusiver Gemeinschaft

Die Matthäusgemeinde ermöglicht in enger Zusammenarbeit mit der Gemeindediakonie das Erleben einer inklusiven Glaubensgemeinschaft. So sind die regelmäßig stattfindenden Kindergottesdienste inklusiv. Kinder mit und ohne Behinderung feiern gemeinsam Gottesdienst. Die inklusive Kinderbibelwoche, die jedes Jahr in den Herbstferien stattfindet, ist ein besonderes Highlight. Für eine Woche erleben die Kinder Bibelgeschichten, sie basteln und spielen gemeinsam. Mitarbeitende des Margarete-Blarer-Hauses sind in Vorbereitung und Durchführung der „KiBiWo“ eingebunden.

Unter dem Motto „Glaube inklusiv“ bietet die Matthäusgemeinde in enger Kooperation mit der Gemeindediakonie Mannheim seit 2015 einen inklusiven Glaubenskurs für Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten an. Jedes Jahr im Zeitraum von Januar bis April sind Menschen mit und ohne Behinderung eingeladen, sich in 4 Kurseinheiten einem Glaubensthema anzunähern. Dabei profitieren die Bewohner*innen des Johannes-Calvin-Hauses und des Katharina-Zell-Hauses ebenso vom gemeinsamen Lernen wie andere Menschen, die der Matthäusgemeinde angehören.

Die Teilnehmer*innen können dabei neu und völlig anders an Glaubensinhalte herangehen. Dabei tritt die kognitive Herangehensweise in den Hintergrund; es werden eher haptische, sinnesorientierte, musikalische, künstlerische (Glaubens-) Erfahrungen ermöglicht. Auch der konkrete Umgang zwischen Menschen mit und ohne Behinderung spielt eine entscheidende Rolle und gehört zu den Hauptlernzielen des Kurses.

Kinder mit und ohne Behinderung feiern gemeinsam Gottesdienst.

Glaube – Bildung – Inklusion

Der Neckarauer Dreiklang lebt vom Zusammenspiel der Besonderheiten, die die drei Institutionen einbringen. Der Glaube der Kirche bleibt nicht bei sich, sondern äußert sich im diakonischen Handeln ebenso wie in der Umsetzung des reformatorischen Bildungsanliegens.

Schule, Diakonie und Gemeinde beeinflussen, verändern und stärken sich gegenseitig.